Sprache ist nicht neutral.
Sie beeinflusst, wie wir über Themen denken, fühlen und miteinander sprechen – auch und gerade im Umgang mit seelischer Not und Suizidalität. Deshalb ist es wichtig, die Begriffe, die wir verwenden, bewusst zu wählen.
Ein prägnantes Beispiel für die Bedeutung sensibler Sprache ist der Begriff „Selbstmord“, der über viele Jahre hinweg ganz selbstverständlich verwendet wurde – und auch heute noch in Medien und Alltagssprache verbreitet ist. Auch die DGS trug von 1972 bis 1988 den Namen „Deutsche Gesellschaft für Selbstmordverhütung“. Aus heutiger Sicht ist dieser Begriff jedoch problematisch: Das Wort „Mord“ bezeichnet eine strafbare, vorsätzliche Tötung – und überträgt damit eine moralisch und juristisch aufgeladene Bewertung auf das suizidale Geschehen. Im Zusammenhang mit seelischer Not und psychischen Erkrankungen ist eine solche Zuschreibung unpassend und kann zusätzlich stigmatisierend wirken.
Suizid ist keine Straftat
Der Begriff „Selbstmord“ stammt aus einer Zeit, in der Suizid als Sünde oder Verbrechen galt. Menschen, die sich suizidierten, wurde häufig ein kirchliches Begräbnis oder sogar die Beisetzung auf dem Friedhof verweigert. Auch ihre Angehörigen, Hinterbliebenen sowie Überlebende eines Suizidversuchs waren oft von sozialer Ausgrenzung betroffen. Diese Geschichte wirkt bis heute nach – und verstärkt das Stigma, das viele Betroffene, Angehörige und Hinterbliebene erfahren.
Demgegenüber stehen die Begriffe „Suizid“ oder “Selbsttötung”, die heute in Medizin, Psychologie und Suizidprävention bevorzugt verwendet werden. Der Begriff “Suizid” stammt vom lateinischen sui (selbst) und caedere (töten) und beschreibt neutral, was geschieht – ohne Schuldzuschreibungen, ohne Moralisierung.
Suizid ist keine Tat im rechtlichen Sinn, sondern meist Ausdruck einer schweren seelischen Krise oder psychischen Erkrankung. Menschen begehen keinen Mord – sie sterben durch Suizid.
Warum sensible Sprache zählt
Das Wort „Selbstmord“ kann abschrecken, beschämen oder Schuldgefühle auslösen – sowohl bei Menschen mit Suizidgedanken als auch bei Angehörigen oder Trauernden. Dies kann dazu führen, dass Betroffene schweigen, sich zurückziehen oder keine Hilfe suchen.
Ein sensibler Sprachgebrauch hingegen kann dazu beitragen, dass Betroffene sich eher öffnen und über ihre Gedanken sprechen. Er signalisiert Respekt, Verständnis und Offenheit – und hilft mit, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem seelische Krisen kein Tabu mehr sind.
Unser Anliegen
Die DGS setzt sich für einen respektvollen, nicht-stigmatisierenden Sprachgebrauch ein. Sensibilität im Umgang mit Sprache ist ein wichtiger Beitrag zur Prävention: Denn Worte können nicht nur verletzen – sie können auch Türen öffnen, Verständnis fördern und Schweigen brechen.