Wir bringen Expertise in Politik und Medien ein – für eine gesetzliche Verankerung und einen verantwortungsvollen Diskurs.

Zwischen Bundestag und Bildschirm – Suizidprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Suizidprävention ist mehr als eine Aufgabe des Gesundheitswesens – sie ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die Politik und Medienschaffende gleichermaßen fordert. Die DGS steht seit vielen Jahren sowohl den politischen Entscheidungsträgern auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene als auch den Medien als fachlich kompetenter Ansprechpartner zur Seite. Sie steht für Aufklärung und dialogische Prozesse.
Gleichzeitig sieht sich die DGS mit großen Herausforderungen konfrontiert: Noch immer fehlt eine gesetzliche Verankerung der Suizidprävention, viele suizidpräventive Angebote kämpfen um finanzielle Absicherung, und die Debatte um die Suizidassistenz sorgt für große Verunsicherung. Die DGS übernimmt Verantwortung und setzt sich für einen achtsamen, respektvollen und solidarischen Umgang mit Menschen in suizidalen Krisen, ihren Angehörigen sowie den Helfenden ein. Unser Ziel ist es, Verständnis zu fördern, Unterstützung zu stärken und so zu einer offenen und menschlichen Haltung in unserer Gesellschaft beizutragen.
Medien gestalten Realität – sensibel berichten, Leben schützen
Medien haben großen Einfluss auf Suizidalität. Eine sensible Berichterstattung kann Betroffene ermutigen, Hilfe anzunehmen – ein unbedachter Bericht dagegen Risiken verstärken. Die DGS klärt über diese wissenschaftlich belegten Zusammenhänge auf.
Worte hinterlassen Spuren – wie Suizidprävention in Medien gelingen kann
Verantwortungsvolle Berichterstattung kann Leben retten. Entscheidend ist eine sensible und unterstützende Darstellung, die Menschen in Krisen ermutigt und Hoffnung vermittelt – ganz im Sinne des Pressekodex. Die DGS sammelt und präsentiert Beispiele suizidpräventiver Berichterstattung.

Die DGS als Sprachrohr suizidpräventiver Bemühungen in Politik und Gesellschaft
Unsere Vision ist es, die Zahl der Suizide zu senken – durch ein solidarisches Miteinander, in dem alle Menschen Zugang zu passender Unterstützung finden. Unsere Mission ist es, einen Raum für Austausch über Suizidalität und Suizidprävention zu schaffen, Wissen über Hilfen zu vermitteln und den Diskurs in Wissenschaft und Praxis zu fördern.
Damit diese Vision Wirklichkeit werden kann, braucht es politische Rahmenbedingungen. Die DGS bringt ihre Expertise aktiv in parlamentarische und gesellschaftliche Debatten ein. Wir ringen um Positionen, regen Diskussionen an und fördern die Anerkennung unterschiedlicher Sichtweisen. Denn alle Maßnahmen zur Suizidprävention sind zutiefst stärkende Elemente der Demokratie.
Diese Haltung bedeutet für die DGS eine Einmischung in die Gesellschaftspolitik als wesentlicher Beitrag zur „Lebenslagengestaltungspolitik“ (Schulz-Nieswandt, 2020) – einer Politik, die die vielfältigen Lebensrealitäten von Menschen ernst nimmt. Indem wir Offenheit und Unterstützung fördern, stärken wir das gesellschaftliche Miteinander und tragen zu mehr Vertrauen, Zugehörigkeit und Sicherheit bei.
Als Gegengewicht zu einer unreflektierten Normausübung übernehmen wir Mitverantwortung – für uns selbst, für andere und für die gemeinsame gesellschaftliche Entwicklung. Mit Tagungen, Veranstaltungen und Fortbildungen schafft die DGS Räume für Austausch, Bewusstsein und Qualifizierung in der Suizidprävention.
Auf vielen Ebenen aktiv: Die DGS in Politik und Fachkreisen
Die DGS setzt sich seit vielen Jahren aktiv auf politischer Ebene dafür ein, die Suizidprävention in Deutschland nachhaltig zu stärken und gesetzlich zu verankern. Mit Stellungnahmen, Gremienarbeit und gezielter Öffentlichkeitsarbeit bringt sie ihre Expertise in gesellschafts- und gesundheitspolitische Debatten ein und gestaltet den Diskurs zu Suizidprävention aktiv mit.
Parlamentskreis Suizidprävention
Am 12. Oktober 2023 wurde der interfraktionelle Parlamentskreis Suizidprävention gegründet, um den Gruppenantrag für eine gesetzliche Regelung der Suizidprävention zu begleiten. Die DGS ist Ansprechpartnerin und Beraterin dieses Parlamentskreises und bringt ihre fachliche Expertise aktiv ein, um Stigmatisierung abzubauen und Menschen in suizidalen Krisen schnellen, niederschwelligen Zugang zu Hilfen zu ermöglichen. Gemeinsam mit Netzwerkpartnern fordert die DGS außerdem verbindliche Maßnahmen und finanzielle Förderung der Suizidprävention.
Petitionen
Petitionen machen gesellschaftliche Anliegen sichtbar und setzen politischen Druck. Sie ermöglichen Bürger*innen, direkt Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Die DGS nutzt Petitionen, um die Bedeutung der Suizidprävention zu betonen und konkrete Verbesserungen einzufordern. Ein starkes Beispiel war 2022 die Initiative „Suizidprävention geht uns alle an!“, die über 28.000 Unterstützende für ihr Anliegen gewinnen konnte.
D-A-CH-Forum Suizidprävention und assistierter Suizid
Das D-A-CH-Forum vereint Expert*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, um Suizidprävention und den Umgang mit assistiertem Suizid fachlich und interdisziplinär über nationale Grenzen hinweg zu gestalten. Die DGS ist fester Bestandteil des Forums und nutzt ihre Expertise, um Fachpersonen zu stärken, wissenschaftliche Erkenntnisse politisch einzubringen und den öffentlichen Diskurs fundiert zu begleiten.
DGPPN-Referat „Suizidologie“
Die DGS unterstützt das Referat „Suizidologie“ der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) dabei, Suizidforschung und Fachwissen in Deutschland sichtbar zu machen. Das Referat bietet Expert*innen eine Plattform für Austausch, fördert Weiterbildung und Qualitätssicherung in der Suizidprävention und liefert wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse, die politische Entscheidungsprozesse und Maßnahmen zur Suizidprävention unterstützen.
Nationales Suizidpräventionsprogramm (NaSPro)
Das NaSPro ist ein bundesweites Netzwerk zur Förderung der Suizidprävention, das 2002 auf Initiative der DGS gegründet wurde und u. a. mit Bundestagsausschüssen, Ministerien und Medienverbänden im Austausch steht. Vorstandsmitglieder und Mitglieder der DGS bringen ihre Expertise aktiv in die Arbeitsgruppen ein, z. B. zur Suizidprävention älterer Menschen. An der Erarbeitung des Berichts „Suizidprävention in Deutschland – Aktueller Stand und Perspektiven“ aus dem Jahr 2021 waren sie mit ihrer fachlichen Expertise beteiligt. Durch diese Beteiligung macht die DGS wissenschaftlich fundierte Empfehlungen politisch und gesellschaftlich wirksam und stärkt die Vernetzung aller relevanten Akteure.
Netzwerkarbeit zur politischen Einflussnahme
Die DGS arbeitet eng mit Netzwerkpartnern wie Caritas, Malteser, Telefonseelsorge, der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), dem Deutschen Hospiz- und Palliativverband (DHPV) und der Bundesärztekammer zusammen, um politische und gesellschaftliche Ziele wirksam umzusetzen. Durch gemeinsame Positionen und abgestimmtes Handeln werden Themen wie Suizidprävention und Suizidassistenz stärker in Politik und Öffentlichkeit verankert. Kooperationen bündeln Fachkompetenz, erhöhen die Sichtbarkeit und Reichweite der Anliegen und stärken die politische Wirkung der DGS.
Berufspolitisches Engagement der Vorstandsmitglieder
Die Vorstandsmitglieder der DGS bringen ihre berufliche Expertise aus Sozial- und Gesundheitswesen aktiv in politische und gesellschaftliche Prozesse ein. Viele sind zudem in berufspolitischen Gremien vertreten und setzen sich dort für Suizidprävention ein. So wird die Stimme der DGS fachlich fundiert und politisch wirksam in relevante Entscheidungsprozesse eingebracht.
Eine Gesellschaft für Suizidprävention statt Suizidassistenz – aktuelle politische Herausforderungen
Suizidprävention rückt zunehmend in den Fokus von Politik und Öffentlichkeit. Abgeordnete des Bundes und der Länder setzen sich für bessere Hilfsangebote und ein eigenes Gesetz zur Suizidprävention ein. Trotz dieser politischen Initiativen bleibt das Engagement von Vereinen, Organisationen und Ehrenamtlichen unverzichtbar. Ohne ihren Einsatz gäbe es bis heute nur sehr wenige niedrigschwellige Hilfen für Menschen in Krisen. Ein verbindliches Gesetz zur Suizidprävention fehlt jedoch nach wie vor.
Parallel dazu gewinnen Angebote der Suizidassistenz an Bedeutung. Damit verbunden sind komplexe soziale und ethische Fragen. Die DGS sieht sich – ebenso wie die Gesellschaft insgesamt – in der Verantwortung, diese Fragen offen und verantwortungsvoll zu diskutieren. Bereits 2014 warnte der ehemalige Verfassungsrichter Udo Di Fabio vor den Risiken einer Liberalisierung der Sterbehilfe. Er machte deutlich, dass dadurch gerade auf besonders verletzliche Menschen ein erheblicher Druck entstehen könnte.
Angesichts dieser Entwicklungen fordert die DGS klare gesetzliche Regelungen – sowohl für die Suizidprävention als auch für die Suizidassistenz. Nur so können Betroffene, Angehörige, Helfende und die Gesellschaft insgesamt geschützt und nachhaltig unterstützt werden.

Die DGS fordert eine gesetzliche Regelung der Suizidassistenz
Eine erhebliche Herausforderung für die Suizidprävention stellen die gesellschaftlichen und politischen Debatten rund um den assistierten Suizid dar. Das Bundesverfassungsgericht hat 2020 entschieden, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben umfasst.
Die DGS erkennt dieses individuelle Recht auf Selbstbestimmung ausdrücklich an. Gleichzeitig setzt sie sich intensiv mit den rechtlichen und gesellschaftlichen Folgen der Beihilfe zum Suizid auseinander.
Hilfe zum Leben muss Vorrang haben
Aus Sicht der Suizidprävention ist ein Suizidwunsch vor allem Ausdruck tiefer seelischer Not. Menschen, die ihr Leben beenden wollen, erleben meist große Verzweiflung, Ohnmacht und Ausweglosigkeit. Oft fehlen ihnen in diesem Moment Perspektiven und tragfähige Alternativen.
Die DGS setzt sich dafür ein, dass Suizidprävention immer Vorrang hat: Jeder Mensch, der an Suizid denkt, sollte zuerst Hilfe und Unterstützung erhalten, die neue Wege und Alternativen zum Suizid eröffnet. Hilfe zum Leben muss vor Hilfe zum Sterben stehen.
Gleichzeitig besteht ein dringender Bedarf an klaren gesetzlichen Regelungen für die Suizidassistenz. Die derzeitige Praxis lässt zu viel Raum für Unsicherheiten und Missbrauch. Angesichts der sensiblen und hochkomplexen Natur dieser Thematik fordert die DGS eindeutige rechtliche Rahmenbedingungen.
Die DGS setzt sich für ein Suizidpräventionsgesetz ein
Die Einführung eines Suizidpräventionsgesetzes ist ein entscheidender Schritt, um Suizidprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verbindlich zu verankern und dauerhaft zu finanzieren. Mit dem Entschließungsantrag des Deutschen Bundestages im Juli 2023 wurde hierfür ein wichtiger Weg eröffnet. Ziel eines solchen Gesetzes ist es, präventive Maßnahmen zu stärken, Hilfsangebote besser zu vernetzen und die Forschung nachhaltig zu fördern. Auch der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD aus dem Jahr 2025 sieht die Verabschiedung eines solchen Gesetzes ausdrücklich vor.
Die DGS begrüßt diese Entwicklungen, drängt jedoch auf eine konkrete Umsetzung. Sie weist darauf hin, dass bisherige Entwürfe – wie der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit vom 28.11.2024 – den Anforderungen an eine wirksame Suizidprävention bislang nicht gerecht wurden. Notwendig sind vor allem klare Regelungen zur Finanzierung, zur Einbindung bestehender suizidpräventiver Angebote sowie zur Erhebung und Bereitstellung verlässlicher Daten zu Selbsttötungen, Suizidversuchen und speziell assistierten Suiziden.
Als Dachgesellschaft macht die DGS deutlich: Suizidprävention muss Vorrang vor Suizidassistenz haben. Menschen in Krisen brauchen verlässliche Unterstützung, Schutzräume und Hoffnung. Deshalb fordert die DGS, die politische Priorisierung der Suizidprävention durch die Verabschiedung eines wirksamen Suizidpräventionsgesetzes endlich sicherzustellen – und steht den politischen Entscheidungsträgern dabei mit ihrer Expertise als Ansprechpartner zur Seite.
Pressemitteilung „Suizidprävention vor Suizidassistenz!“ vom 6. Juli 2023
Stellungnahme der DGS zum Referentenentwurf des Suizidpräventionsgesetzes
Finanzielle Sicherheit, flächendeckende Angebote und Ausbau bestehender Hilfen – die zentralen Forderungen der DGS
Bevor über die Regelung der Suizidassistenz entschieden wird, braucht es ein verlässliches Gesetz, das die Suizidprävention auf ein stabiles Fundament stellt. Die Diskussion über ein Suizidpräventionsgesetz und seine konkrete Ausgestaltung dauert weiterhin an.
Für die DGS ist wichtig: Ein wirksames Gesetz sollte bestehende Hilfen sichern und ausbauen, eine bundesweite Koordinationsstelle schaffen, besonders gefährdete Gruppen gezielt schützen und die Forschung langfristig stärken.
- Verlässliche Finanzierung und Vernetzung
- Suizidprävention muss flächendeckend gewährleistet sein. Damit sich Einrichtungen und regionale Netzwerke auf ihre Arbeit konzentrieren können, brauchen sie finanzielle Sicherheit statt Existenzängste.
- Bundesweite Informations- und Koordinationsstelle
- Eine bundesweite Informations- und Koordinationsstelle, mit einer Website und Social-Media-Angeboten, die neben Hilfsangeboten auch Forschungsbemühungen bündelt und koordiniert.
- Maßnahmen zur Suizidprävention in Risikogruppen
- Wie beispielsweise Menschen im Autismus-Spektrum, im Justizvollzug, Menschen mit chronischen Erkrankungen, Menschen aus der queeren Community, Angehörige und Hinterbliebene.
- Stärkung von Hilfen im Alter und in der Palliativversorgung
- Gegen gesellschaftlichen und ökonomischen Druck zum assistierten Suizid und für ein Zusammenleben, das die Vulnerabilität des Menschen anerkennt und ein würdevolles Leben für alle ermöglicht.

Medien gestalten Realität – Verantwortungsvoll berichten, Leben schützen
Der Einfluss der Medien auf Suizidalität ist enorm. Die Art der Berichterstattung von Medienschaffenden kann Menschen Zuversicht und Hoffnung vermitteln und so dazu beitragen, dass sich Betroffene eher entscheiden, Hilfe zu suchen und anzunehmen (Papageno-Effekt). Medienschaffende können durch eine ungünstige Berichterstattung jedoch auch dazu beitragen, dass sich mehr Menschen das Leben nehmen (Werther-Effekt). Die Aufklärung und Wissensvermittlung über diese beiden wissenschaftlich gut untersuchten Effekte gehört zu den Kernaufgaben der DGS.
Die DGS setzt sich für eine verantwortungsvolle Berichterstattung zu Suizid ein
In der Berichterstattung über Suizidalität hat sich in den letzten Jahren vieles verbessert. Empfehlungen von Fachgesellschaften und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) finden zunehmend Beachtung. Auch soziale Medien bieten Chancen: Sie können wichtige Hinweise und Hilfen zur Suizidprävention schnell und breit zugänglich machen.
Die DGS versteht sich als Partnerin für verantwortungsvolle Berichterstattung. Wenn uns problematische Beiträge auffallen, suchen wir zunächst den direkten Dialog – mit Journalist*innen, Redaktionen, Filmemachenden oder anderen Verantwortlichen. In Gesprächen möchten wir sensibilisieren, informieren und zeigen, wie Berichterstattung im Sinne der Suizidprävention gestaltet werden kann.
In seltenen Fällen und bei deutlichen Verstößen gegen journalistische Standards kann es sinnvoll sein, den Deutschen Presserat einzuschalten. Dieses unabhängige Gremium achtet auf die Einhaltung des Pressekodex. Besonders die Richtlinie 8.7 betont bei der Berichterstattung über Suizid die notwendige Zurückhaltung – um Nachahmungseffekte zu vermeiden und betroffene Menschen zu schützen.
Ressourcen für Ihren Medienbeitrag – Empfehlungen und Guidelines für suizidpräventive Berichterstattung
Zur ethischen Berichterstattung über Suizidalität besteht international Konsens: Es gibt klare Kriterien, die einen suizidpräventiven von einem risikobehafteten Beitrag unterscheiden. Die wissenschaftlich fundierten und frei zugänglichen Online-Ressourcen bieten Ihnen praxisnahe Empfehlungen und Leitlinien, die Sie bei der Erstellung verantwortungsvoller Medienberichte unterstützen.
Suizidprävention – Empfehlungen für Film-, Fernseh- und Theaterschaffende
Die Broschüre des Nationalen Suizidpräventionsprogramms für Deutschland (NaSPro) und der Deutschen Akademie für Suizidprävention (2024) zeigt, wie Medienschaffende zur Prävention von Suiziden beitragen können. Sie klärt über Mythen und Fakten der Suizidalität auf und gibt eine Übersicht über die wissenschaftliche Literatur zu den Auswirkungen der Darstellung von Suizid auf Bühne und Film. Die Broschüre enthält Empfehlungen zur Darstellung des Themas assistierter Suizid und nennt Hinweise für Filmemacher aus Sicht der Hinterbliebenen.
Empfehlungen zur Berichterstattung über Suizide
Der Flyer des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NaSPro) enthält Empfehlungen für eine verantwortungsvolle Berichterstattung. Er betont sowohl die Bedeutung einer Berichterstattung als auch den Verzicht auf bestimmte Details – etwa die Nennung von Ort oder Methode sowie die Veröffentlichung von Fotos der betroffenen Person. Auch die Wortwahl spielt dabei eine zentrale Rolle.
Preventing suicide: a resource for media professionals
Die Broschüre der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Zusammenarbeit mit der International Association for Suicide Prevention (IASP) (Update 2023) informiert Medienschaffende in englischer Sprache über Möglichkeiten der suizidpräventiven Berichterstattung.
Leitfaden zur Berichterstattung über Suizid
Eine Broschüre des Kriseninterventionszentrums Wien (2025), die das verfolgt das Ziel, eine verantwortungsvolle Berichterstattung über Suizide zu fördern – frei von Vorurteilen und Mythen, ohne das Thema zu tabuisieren. Die nachfolgenden Empfehlungen sollen dazu beitragen, das Risiko von Nachahmungssuiziden (Werther-Effekt) zu verringern. Zugleich kann eine ausgewogene Berichterstattung, etwa über bewältigte Krisen, positive Orientierung bieten und Wege aus schwierigen Lebenssituationen aufzeigen (Papageno-Effekt).
Empfehlung zur Berichterstattung über Suizid und psychische Erkrankungen
Die Broschüre der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention (2023) zeigt Wege für Medienschaffende auf, Nachahmungstaten zu verhindern und Vorurteilen gegenüber psychischen Erkrankungen entgegenzuwirken. Die beiden Medieneffekte werden hier näher erläutert und anhand von Beispielen veranschaulicht.
Worte gestalten Realität – Warum die DGS von Suizid und Selbsttötung spricht
Sprache prägt, wie wir über Themen denken und fühlen. Im Umgang mit Suizidalität ist es deshalb wichtig, Begriffe bewusst zu wählen. Der Begriff „Selbstmord“ ist problematisch, da „Mord“ eine strafbare Handlung bezeichnet und damit moralische Bewertungen transportiert. Suizid hingegen ist keine Straftat, sondern Ausdruck einer schweren seelischen Krise oder psychischen Erkrankung. „Suizid“ oder „Selbsttötung“ beschreiben neutral, was geschieht – ohne Schuldzuschreibung und Stigmatisierung.
Ein sensibler Sprachgebrauch kann Betroffene ermutigen, offen über ihre Gedanken zu sprechen und Hilfe zu suchen. Suizidgedanken entstehen meist nicht aus freier Entscheidung, sondern in einer psychischen Krise, geprägt von Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit oder Krankheit. Oft geht es weniger um den Wunsch zu sterben, sondern um das Bedürfnis, so nicht weiterleben zu können.
Ein Suizid sollte auch nicht als „Freitod“ verklärt oder verharmlost werden. Vielmehr ist er Ausdruck tiefer seelischer Not und Bedrängnis – ein ernstes Signal, dem mit Empathie, Offenheit und Unterstützung begegnet werden sollte. Worte haben Gewicht: Sie können verletzen, aber auch Verständnis schaffen und Türen zu Hilfe öffnen. Deshalb setzt die DGS auf eine respektvolle und nicht-stigmatisierende Sprache.

Zwischen Werther und Papageno – wie Worte und Bilder Suizidalität beeinflussen können
Es ist eine gesicherte Erkenntnis langjähriger Suizidforschung, dass Medienberichte das Erleben und Verhalten von Menschen beeinflussen können – sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Menschen in Krisensituationen reagieren besonders sensibel auf die Darstellung von Suizid.
Bekannt sind der Werther-Effekt, der Nachahmungseffekte beschreibt, und sein Gegenstück, der Papageno-Effekt, der präventiv wirken kann, indem er Perspektiven aufzeigt, die Alternativen zum Suizid ermöglichen. Medien haben somit eine besondere Verantwortung: Sie können Risiken minimieren und gleichzeitig Hoffnung und Hilfe sichtbar machen.
Auch der Deutsche Presserat ist sich der Wirkung dieser Effekte bewusst und fordert deshalb in Richtlinie 8.7 des Pressekodex: “Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen, die Veröffentlichung von Fotos und die Schilderung näherer Begleitumstände.”
Der Werther-Effekt kann Nachahmungstaten fördern
Unter dem Werther-Effekt versteht man das Phänomen, dass die mediale Berichterstattung, insbesondere wenn sie detailliert oder romantisierend dargestellt wird, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Imitation von Suizidhandlungen in der Bevölkerung bedingen kann. Der Effekt wurde nach dem Roman „Die Leiden des jungen Werther“ von Johann Wolfgang von Goethe benannt, in dem die Hauptfigur einen Suizid begeht.
Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass nach Berichterstattung über prominente oder öffentlichkeitswirksame Suizide eine Erhöhung der Suizidzahlen in der Gesamtbevölkerung zu verzeichnen ist (Niederkrothenthaler et al., 2020). Dieser Anstieg kann als Indikator für eine erhöhte Anzahl von Nachahmungshandlungen interpretiert werden.
Problematisch ist, dass Darstellungen von Suizid als vermeintliche „Lösung“ ungewollt Nachahmungstendenzen bei besonders verletzlichen Menschen auslösen können. Umso wichtiger ist ein verantwortungsvoller Umgang mit diesem sensiblen Thema – sowohl in den Medien als auch in der öffentlichen Diskussion
Der Papageno-Effekt kann ermutigen, sich Hilfe zu holen
Im Gegensatz zum sogenannten Werther-Effekt, bei dem mediale Darstellungen von Suizid Nachahmungstendenzen fördern können, beschreibt der Papageno-Effekt das Gegenteil: Er zeigt, dass Darstellungen von Menschen, die trotz schwerer Krisen Unterstützung annehmen oder neue Bewältigungsstrategien entwickeln, eine suizidpräventive Wirkung entfalten können. Benannt wurde der Effekt nach der Figur Papageno aus Mozarts „Zauberflöte“, die in einer Lebenskrise Hilfe erhält und dadurch neue Hoffnung gewinnt.
Studien belegen, dass Berichte über Menschen, die mit Unterstützung von Beratung, Therapie oder anderen Hilfsangeboten Wege aus der Krise finden, mit einer Verringerung von Suizidgedanken verbunden sein können (Till & Niederkrothenthaler, 2019).
Der Papageno-Effekt macht deutlich, wie wertvoll eine verantwortungsvolle Berichterstattung ist: Sie kann Menschen ermutigen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, Hoffnung vermitteln und das Gefühl stärken, in ihrer Not nicht allein zu sein.
Leben retten durch Worte – Positivbeispiele verantwortungsvoller Berichterstattung
Verantwortungsvolle Berichterstattung kann Leben retten, indem sie Menschen in Krisen ermutigt Hilfe zu holen, Hoffnung vermittelt und Nachahmungsrisiken minimiert. Beispiele aus den letzten Jahren zeigen, wie sensibel und innovativ Suizidprävention in Medien umgesetzt werden kann. Schweigen über Suizidalität verstärkt Stigma und Tabu, während ein offener und reflektierter Umgang Wege aus der Krise sichtbar machen kann.
Song: „1-800-273-8255” von Logic feat. Alessia Cara & Khalid
Der Song „1-800-273-8255” von Logic (feat. Alessia Cara & Khalid) ist ein gelungenes Beispiel für suizidpräventive Kommunikation. Bereits der Titel verweist direkt auf die damals aktuelle US-amerikanische Suizidpräventionshotline und macht so ein konkretes Hilfsangebot sichtbar. Später wurde die einfachere Rufnummer 988 als nationale Krisenhotline eingeführt. Im Text werden zunächst suizidale Gedanken geschildert, bevor Hoffnung, Unterstützung und Lebenswillen in den Vordergrund rücken. Das Beispiel zeigt, wie öffentliche Kommunikation gezielt positive Auswege aus Krisen aufzeigen und Menschen ermutigen kann, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die prominente Veröffentlichung des Songs trugen dabei entscheidend zu seiner Wirkung bei.
Videobeitrag: „Suizid bei Männern: Der hohe Preis der Stille”
Die Dokumentation „Suizid bei Männern: Der hohe Preis der Stille“ von Sebastian Panny und Julia Ladina Windisch von moment.at, ausgezeichnet mit dem Papageno-Medienpreis 2024, ist ein eindrucksvolles Beispiel für verantwortungsvolle Suizidprävention in den Medien. Der Film beleuchtet Suizidalität innerhalb der Familie – persönlich, reflektiert und zugleich professionell. Er leistet einen wichtigen Beitrag, um gesellschaftliches Schweigen zu durchbrechen, Verständnis zu fördern und Menschen zu ermutigen, über Krisen zu sprechen.
Die 6-teilige ZDF-Serie: „Reset – Wie weit willst Du gehen?“
Im März 2024 zeigte das ZDF die Serie „Reset – Wie weit willst Du gehen?“, in der eine Mutter (Katja Riemann) den Suizid ihrer Tochter erlebt und versucht, die Vergangenheit zu ändern. Fachlich begleitet wurde die Produktion von Susanne Knappe vom Werner-Felber-Institut, die betont: „Wichtig ist es, im Gespräch zu bleiben, Transparenz zu schaffen und nicht aufzugeben.“ Die Serie verdeutlicht, wie Medien Suizidprävention verantwortungsvoll vermitteln, zur Entstigmatisierung beitragen und gleichzeitig Nachahmungsrisiken minimieren können.

Ihre Medienbeiträge erfahren bei uns Anerkennung
Seit einigen Jahren zeichnet die DGS besonders gelungene Beiträge zur positiven Medienberichterstattung mit dem Hans-Rost-Preis aus. In der Kategorie „Präventive Medienbeiträge“ werden Medienschaffende und Projekte ausgezeichnet, die mit verantwortungsvoller und aufklärender Berichterstattung einen wichtigen Beitrag zur Suizidprävention leisten. Ziel ist es, mediale Formate zu stärken, die suizidpräventive Inhalte vermitteln, zur Entstigmatisierung beitragen und Menschen in Krisensituationen Orientierung und Unterstützung bieten. Reichen auch Sie Ihren Beitrag ein und setzen Sie ein Zeichen für verantwortungsvolle Suizidprävention.
Medienberichterstattung über Suizidassistenz – Zurückhaltung ist geboten
Die Effekte der Berichterstattung zum Thema Suizidassistenz sind noch nicht ausreichend untersucht. Erste Untersuchungen legen nahe, dass Berichte über assistierten Suizid bei Betroffenen vergleichbare Effekte auslösen können wie Darstellungen „klassischer“ Suizide.
Das heißt die einseitige, romantisierende Darstellung über Betroffene, die die Suizidassistenz gewählt haben – hier v.a. auch die filmische Begleitung bis zum Ende – fördern im Nachgang Anfragen bei den Sterbehilfeorganisationen. Eine differenzierte Auseinandersetzung zu dem Thema und was das Angebot mit uns als Gesellschaft macht, findet aufgrund der oft verkürzten Film -oder Hörformate nicht statt. Hier bedarf es dringend weiterer Forschung.

Quellenangaben
Schulz-Nieswandt, Frank: Pflegepolitik gesellschaftspolitisch radikal neu denken. Gestaltfragen einer Reform des SGB XI. Grundlagen, Kontexte, Eckpunkte, Dimensionen und Aspekte. Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA).
Link: kda.de/wp-content/uploads/2020/01/Grundlagentext_Schulz-Nieswandt.pdf
Abgerufen: 19.09.2025
Niederkrotenthaler, T. et al. (2020). Association between suicide reporting in the media and suicide: systematic review and meta-analysis. BMJ 368
Link: https://doi.org/10.1136/bmj.m575
Abgerufen: 19.09.2025
Till, B., Niederkrotenthaler, T. (2019). Medien und Suizid: der aktuelle Forschungsstand zum Werther- und Papageno-Effekt – eine Übersichtsarbeit. Psychotherapie Forum 23, 120–128.
Link: https://doi.org/10.1007/s00729-019-00125-1
Abgerufen: 19.09.2025