Der Werther-Effekt: Worte mit Konsequenzen – Kann eine Geschichte wirklich Leben gefährden? 

Ja – eine Geschichte kann Leben gefährden. Der sogenannte Werther-Effekt beschreibt den Anstieg von Suiziden infolge medialer Berichterstattung über Suizidfälle, insbesondere wenn diese detailliert, dramatisierend oder unreflektiert dargestellt werden.

Vor allem bei gefährdeten Personen kann eine unsensible Berichterstattung Nachahmungsverhalten auslösen. Umso wichtiger ist ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Thema in Medien und Öffentlichkeit.

Ursprung des Begriffs

Der Werther-Effekt geht auf den Roman Die Leiden des jungen Werthers (1774) von Johann Wolfgang von Goethe zurück. Darin nimmt sich die Hauptfigur Werther aus Liebeskummer das Leben. Nach Erscheinen des Buches kam es laut zeitgenössischen Berichten zu einer Welle von Nachahmungssuiziden, vor allem bei jungen Männern, die sich an Kleidung und Methode an der literarischen Figur orientierten.

Wissenschaftliche Erkenntnisse

Der Begriff wurde in den 1970er-Jahren von dem Soziologen David P. Phillips geprägt. Seine Studien zeigten einen Zusammenhang zwischen der medialen Darstellung von Suiziden und einem Anstieg suizidaler Handlungen in der Bevölkerung – insbesondere dann, wenn über prominente Suizide oder konkrete Methoden berichtet wurde.

Dieser Effekt wurden seither vielfach bestätigt und gelten als gut erforscht. Sie verdeutlichen, welche Verantwortung Medienschaffende und Multiplikator*innen im Umgang mit dem Thema tragen.

Warum das wichtig ist

Worte haben Macht. Die Art und Weise, wie wir über Suizid sprechen – oder schreiben –, kann Menschen in Krisen beeinflussen.

Die DGS setzt sich deshalb für eine sensible und verantwortungsbewusste Sprache ein, die schützt statt gefährdet. Denn nicht nur Unterstützung wirkt präventiv – auch der Umgang mit Sprache ist ein Teil wirksamer Suizidprävention. Medien tragen hier eine besondere Verantwortung, durch respektvolle, wertungsfreie und suizidpräventive Formulierungen einen sicheren öffentlichen Diskurs zu fördern.

Quellen: Phillips, D. P. (1974). The influence of suggestion on suicide: Substantive and theoretical implications of the Werther effect. American sociological review, 39, 340-354. doi: 10.2307/2094294